Der Reitmeister Nuno Oliveira

Der Portugiese Nuno Oliveira war einer der wohl herausragendsten und viel beachtensten Reitmeister der Neuzeit, wenn er nicht sogar die bedeutenste Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts war. Nuno wurde am am 23. Juni 1925 in Lissabon geboren und verstarb am 2. Februar 1989 in Australien.

Über das Leben von Nuno Oliveira

In jungen Jahren wird Nuno Oliveira vor allem durch seinen Reitlehrer Concalves de Miranda (1870–1940), einem Reitmeister des portugiesischen Königshauses inspiriert. Schon früh bemerkte Nuno Oliveira, dass das Reiten für ihn mehr ist und es wird zu seiner Passion und Berufung. Zunächst arbeitet er städtischen Umland von Lissabon und später auch in der ländlichen Umgebung. Er widmet sich den jungen und älteren Pferden der Züchtern, Pferdeliebhaber und Stierkampfreiter. Viel Zeit verbringt Nuno Oliveira vor allem mit dem Studium der alten Meister der früheren Jahrhunderte. Interessanterweise reduziert er seine Lektüre nicht nur auf die französische und iberische Reitkunst, sondern widmet sich auch den Werken von Steinbrecht und Baucher. Auf beide doch so konträr zueinander stehenden Reitmeister des 19. Jahrhunderts hält er große Stücke und sieht sie sogar als prinzipiell “einig” in ihren Zielen.

“Steinbrecht ist wie Baucher – nur von der anderen Seite des Rheins”

Bei den Anhängern der baucheristischen Reitweise erntete er dafür durchaus abwertende und überraschte Blicke. Der “deutsche” Reitmeister Steinbrecht, als einer der großen Kritiker Bauchers, galt nicht gerade als Lieblingslektüre der Franzosen – dazu noch ist das Werk nicht einfach zu lesen. Nuno Oliviera lebte jedoch seine unvoreingenommene “Aufgeschlossenheit” gegenüber jeglicher Lektüre über die Reitkunst offen aus und entgegnete Kritikern Steinbrechts oft schroff:

“Steinbrecht ist nur schwer – für den leichten Geist”

*zu einem Franzosen der sich abfällig über das Steinbrechtsche Werk äusserte

Durch sein Studium der alten Meister konnte Oliveira auf ein immenses und fundiertes Wissen der wichtigsten klassischen Reitmeister früherer Jahrhunderte zurückgreifen und erprobte deren Theorien und Anweisungen selbst im Sattel und gab diese an die Schüler aus aller Welt weiter.

Nuno Oliveiras erlangt weltweite Bekanntheit über Portugal hinaus

In den 1960er Jahren wurde er durch Auftritte in großen Pferde-Shows in London, Genf und Brüssel über die Grenzen Portugals hinaus bekannt. In den 1970er und 1980er Jahren kamen Schüler aus der ganzen Welt, um von ihm zu lernen und er gab Lehrgänge in vielen Ländern auch außerhalb Europas. Darunter auch viele Persönlichkeiten von internationalem Rang, wie z.B. der deutsche Olympiasieger Dr. Rainer Klimke. Der bekannte Reitmeister und Leiter der spanischen Hofreitschule Alois Podhajsky sah den damals noch jungen Nuno Oliveira bei einer Vorführung reiten und war beeindruckt von dessen Vorführung. Über die Jahre machte sich Oliveira weltweit einen Namen. Er war nicht nur selbst herausragender Reiter und Experte für die Geschichte der Reitkunst, sondern auch ein herausragender Lehrer und Mentor, ein Ausbilder mit ungewöhnlicher Intelligenz und hoch entwickeltem reiterlichen Gefühl.

Das Reiten Nuno Oliveiras

Nuno Olivira verstand Reiten als Kunst, wo neben Technik und Gefühl, dem Handwerk und dem Wissen vor allem auch die Liebe einen großen Anteil hat. Für den Turniersport hatte Oliveira hingegen wenig übrig. Er kritisierte schon damals den Sport für dessen Methoden. Seine besondere Gabe bestand darin, die jeweils leicht unterschiedliche Methode für das individuelle Pferd herauszufinden, mit der es mit Erfolg zur Spitze seiner individuellen Fähigkeiten entwickelt werden konnte. Er glaubte daran, dass jedes einzelne Pferd im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten zu höchster Vollendung und Glanz ausgebildet werden müsse. Seine Leidenschaft galt eher Pferden die nicht vollkommen und perfekt waren, sondern eher mit Problemen behaftet waren. Besonders zeichnete ihn dabei sein unerschütterlicher, vorurteilsfreier Pragmatismus aus, der ihn die beste Methode aller Schulen für die Arbeit an einem bestimmten Ziel mit einem bestimmten Pferd in einem bestimmten Moment finden ließ. Dabei arbeitete er sowohl mit iberischen Pferden, als auch mit Vollblut- und Warmblutpferden. Einige seiner bekanntesten Pferde waren Euclides (Lusitano/Andrade); Beau Geste (Lusitano); Talar (engl. Vollblüter), Soante (Altér Real), Bunker (Budjonny). Seine Freunde und Schüler verstanden oft nicht, warum sich Nuno Oliveira nicht mit aus ihren Augen “besseren” Pferden ausstattete. Sie überlegten sogar zusammen ein besseres Pferd für ihn zu kaufen. Die engeren Vertrauten brachten sie jedoch von diesem Gedanken wieder ab, da sie wussten er würde dies nicht wollen. Er erhob sich über jedweden Streit der Doktrinen und konzentrierte sich auf die jeweilige Aufgabe. Er entwickelte die Synthese der bis dahin eher konträr zueinander stehenden Schulen, der alten französischen Reitmeister wie François Robinchon de la Guérinière (18. Jahrhundert), des deutschen Gustav Steinbrecht (19. Jahrhundert) und Francois Baucher (19. Jahrhundert) zugesprochen. Oliveiras Reiten und Lehren war frei von jeglichem Schubladendenken. Er bediente er sich pragmatisch der Mittel aller Reitlehren und Schulen. Wichtig war ihm lediglich der “Beweis” der Methoden in ihrer praktischen Anwendung und dem Erfolg in der Arbeit mit dem jeweiligen Pferd.

Bücher über und von Nuno Oliveira

Nuno Oliveiras Bücher sind eine Inspiration und Ratgeber für jeden Reiter.

  1. Klassische Grundsätze der Kunst Pferde auszubilden
  2. Junge Pferde, junge Reiter
  3. Notizen zum Unterricht
  4. Gedanken über die Reitkunst
  5. Ratschläge eines alten Reiters an junge Reiter

Zitate von Nuno Oliveria über das Reiten und die Reitkunst

Nuno Oliveira ist bekannt für eine große Fülle an wertvollen Büchern über die Reitkunst und hinterliess mit diesen einen umfassenden “Schatz” an Zitaten:

„Reiten heisst nicht vor Publikum nach Erfolgen haschen! Reiten ist der alltägliche Dialog mit dem Pferd in der Einsamkeit und heisst, das gemeinsame Streben nach Vollkommenheit!“

(Nuno Oliveira)

“Eine der Grundlagen der Dressur ist das Regelmaß der Gangart. Denken Sie ständig daran.”

(Nuno Oliveira)

“Dressur heißt nicht, schwierige Lektionen vorzuführen, sondern das Pferd gelehriger, geschmeidiger zu machen und ihm besseres Gleichgewicht zu vermitteln.”

(Nuno Oliveira)

„Gib dem Pferd die Haltung (die es zum Ausführen benötigt) – und lass es gewähren!”

(Nuno Oliveira)

Reiten Sie ihr Pferd glücklich!

(Nuno Oliveira)

“Schulterherherein ist das Aspirin der Reitkunst: Es heilt alles. Ecke, Volte und Schulterherein sind ein Dreiecksverhältnis. … Schulterherein bedeutet ein Durchreiten der Ecke, welches sich bis zum Ende der langen Reitbahn fortsetzt. Es geht nicht so sehr darum, daß das Pferd seitwärts tritt, sondern gebogen.”

(Nuno Oliveira)

“… Diese Zeilen über das Schulterherein möchte ich damit beenden, indem ich daran erinnere, daß jede Ecke ein Stückchen Schulterherein ist und daß es vier Ecken gibt”

(Nuno Oliveira)

„Reiten ist Suche nach Schönheit, Geradlinigkeit und Wahrheit.“

Nuno Oliveira

“Das Geheimnis des guten Reitens ist, wenig zu tun. Je mehr du tust, desto weniger Erfolg wirst du haben.”

(Nuno Oliveira)

“Anmut ist eine schöne Zierde der Kunst. Ohne Anmut gibt es kein feines Reiten, und ohne Feingefühl kann man nicht an Kunst denken. Härte, Gewalt und Kraft sind die Mitgift der Mittelmäßigen, die niemals wahrhaftig sein wollen.”

(Nuno Oliveira)

“Ein Pferd auszubilden bedeutet nicht nur, dass man es zum Gehorsam erzieht, wie viele es meinen. Genauso wichtig ist es, dass das Pferd mit Freude macht, was man von ihm verlangt.”

(Nuno Oliveira)

Wenn ihr Pferd schwitzt – haben Sie es übertrieben”

(Nuno Oliveira)

“Ein Pferd ausbilden heißt vor allen Dingen zu fühlen und sich zu zwingen, nachdem man gefühlt hat, zu helfen und nicht zu zwingen.”

(Nuno Oliveira) “Allen, die zu Pferde gut sein wollen und einen guten Sitz erlangen, raten wir, ausreichend gymnastische Übungen zu machen.” (Nuno Oliveira)

“Wenn Sie gekommen sind um im Sattel zu “arbeiten” – sind sie hier falsch”

(Nuno Oliveira)

“Häufig fragen, mit wenig zufrieden geben, oft loben”

(Kerbrech / Etienne Beudant / Nuno Oliveira)

“Verlange viel, gebe Dich mit wenig zufrieden, lobe oft”

(Kerbrech /Etienne Beudant / Nuno Oliveira)

„Reiten bedingt, sein Pferd täglich besser zu verstehen“

(Nuno Oliveria)

“Das Geheimnis beim Reiten ist, weniges richtig zu tun“.

(Nuno Oliveira)

“Wenn ein Pferd sich erregt, während man eine neue Übung verlangt, muß man es während der Übung beruhigen, andernfalls wird es sich jedesmal beunruhigen, wenn man von ihm etwas mehr oder etwas Neues verlangt.”

(Nuno Oliveira)

“Um eine Trabverstärkung mit Pferden zu erreichen, die die Tritte von Natur aus nur wenig verlängern können, kann man die Trittlänge verbessern, indem man den Schwung vergrößert. Man kann folgendermaßen vorgehen: Gehen Sie im versammelten Trab auf die Mittellinie. Traversale zur langen Seite. Beim Ankommen an der langen Seite gehen Sie zum Renvers über und bleiben während der kurzen Seite im Renvers. Anschließend reiten Sie eine sehr gerade Diagonale und erlauben dem Pferd seine Tritte zu verlängern.”

(Nuno Oliveira)

“Die einzig wahre Trabverstärkung ist diejenige, die das Ergebnis von Versammlung ist, wobei das Pferd leicht und auf der Hinterhand bleibt. Das Zulegen mit auffälligen Schulterbewegungen, bei denen der Pferderücken hohl bleibt, die Hinterbeine zurückgelassen werden und manchmal breit treten, gehört nicht in den Bereich der Reitkunst. Für dieses Zulegen ist es sehr wichtig im versammelten Trab durch die Kombination von Zügel- und Schenkelhilfen mehr Schwung produzieren zu können, wenn das Pferd es braucht, und dann diesen vermehrten Schwung im Augenblick des Übergangs ins Zulegen auszunützen.”

(Nuno Oliveira)

“Die höchste Perfektion in der Reitkunst besteht nicht in einer Vorführung von vielen verschiedenen Lektionen mit demselben Pferd, sondern in der Bewahrung der Freude, Geschmeidigkeit und Feinheit des Pferdes während der Darbietung, sodaß man sie mit dem besten Ballet vergleichen kann oder mit einem Orchester oder einem Schauspiel von Racine, weil der Anblick der perfekten Harmonie der Bewegungen so bewegend ist.”

(Nuno Oliveira)

“Ein ausgebildetes Pferd zu besitzen bedeutet nicht nur die Gangarten zu versammeln oder Tempoverstärkungen zu haben, sondern vor allem daß es ausbalanciert, fröhlich und ohne Widerstand ist.”

(Nuno Oliveira)

” Man spricht immer von der Leichtheit der Hand, vergisst aber, von der Leichtheit in der Tätigkeit der Beine zu sprechen… Man muss die Möglichkeit haben, durch entspannte Beine leichte oder kräftige, schnelle, gewissermaßen elektrisierende Berührungen mit den Beinen zu geben, die Beine zu lockern, um zu berühren, lockern und berühren, ohne sie zu verlagern und blitzschnell. Man muß es auch in bestimmten Fällen verstehen, die Beine einige Sekunden vollkommen geschmeidig und entspannt im Kontakt zu lassen und dabei des Pferdes Seiten wohl zu fühlen. Man muß sie rund zu machen verstehen, um den Sporn ohne das Bein benutzen zu können; all das in Feinabstimmungen, die dem Pferd die Ausbildung unendlich erleichtern, wenn man das gut beherrscht. “

(Nuno Oliveira)

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