Der griechische Reiterführer Xenophon, ist der erste bekannte Autor der systematische Abhandlungen rund ums Pferd verfasste.
Geboren um 426 v. Chr in Athen, wuchs Xenophon in einer wohlhabenden und konservativen Familie heran. Er genoss eine im wesentlichen sportlich-militärische Erziehung, hatte Vorliebe für Sparta welches mit Ablehnung der Demokratie gegenüberstand. Xenophon war allerdings nicht in erster Linie bekannt für seine Abhandlung übers Reiten und die Pferde – sondern er gehörte zu den Schülern des Philosophen Sokrates. Ausserdem sollte man auch erwähnen, dass Xenophon nicht für die reiterlichen Schriften, sondern vor allem für seine phillosophischen Hinterlassenschaften berühmt geworden ist. In den letzten Jahren des Peloponnesischen Krieges und unter den Dreißig Tyrannen scheint er in der attischen Reiterei Dienst getan zu haben. Das hinterlassene Wissen zur Reiterei resultiert in erster Linie aus zwei Schriften,:
- die „Hipparchikos“ – „von den Pflichten eines Reiteranführers“, mit praktischen Vorschlägen zur Verbesserung der athenischen Reiterei im Hinblick auf eine Bedrohung durch Theben, also wohl um 362 verfasst.
- und die berühmte „Peri Hippikes“ – zu deutsch: „Über die Reitkunst“. eingehende Anweisungen von Pferdekauf und Pferdepflege über die Schulung des Reiters bis zu den Spezialkniffen des Reiterkampfs.
Obwohl Xenophon zwischen 430 und 355 vor Christus lebte, hat seine Reitlehre in vielen Zügen noch heute Gültigkeit. Die Reiterei der Griechen war von Zwang und Gewalt geprägt, die Xenophon missfiel und daher veranlasste, seine Reitlehre nach lebenslanger reiterlicher Erfahrung in hohem Alter niederzuschrieben. Xenophon war mit seinen Werken Hipparchikos(der Reiterführer) und Peri Hippikes (Über die Reitkunst) der erste, der den gewaltfreien Umgang mit Pferden schriftlich festhielt. Erst viel später wurde dieser gewaltfreie Umgang bei F.R. de La Guérinière und Antoine Pluvinel wieder aufgegriffen. Allerdings bezogen sich diese beiden Reitmeister nicht auf Xenophon – dabei sei sogar die Frage erlaubt , ob sie ihn überhaupt kannten. Xenophon beruft sich in seinen Schriften auf Simon von Athen, von dem das Fragment einer Pferdebeurteilungslehre erhalten ist, welches auch Xenophon in seine Schriften einbezieht. Simon von Athen lebte zur Zeit der Gründung Roms (um 600 vor Christus). Diese hinterlassenen Fragmente Simons von Athen sind offensichtlich aus der Praxis geboren und zeugen von genauer Beobachtungsgabe und fundierter Kenntnis des Pferdennaturells. Simon von Athen schien passionierter Pferdefreund zu sein und berücksichtigt Verhalten und Psyche des Pferdes, darüber hinaus plädiert er für gewaltfreie Erziehung, gibt Anweisungen zur Haltung, Fütterung und Pflege, empfiehlt eine reiterlicher Ausbildung nach dem Belohnungsprinzip mit Mindeststrafen und kritisiert Mißstände der griechischen Reiterei. Xenophon verlangt nur solche Leistungen, die den natürlichen Fähigkeiten des Pferdes entsprechen, und er erkennt, daß Gymnastizierung und dressurmäßige Versammlung den Tragapparat vor Belastungsschäden unter dem Reiter bewahren und die Beherrschung des Pferdes erleichtern. Die Griechen waren allerdings im Gegensatz zu den Iberern kein wirkliches Reitervolk. Xenophons Reitlehre verrät, dass die Angehörigen der griechischen Oberschicht, die allein sich Reitpferde leisten konnten, oftmals zwingende und brutale Reitmethoden sowie quälende Zäumungen anwendeten, um das Pferd zu unterwerfen. In diesem Umfeld erscheint es erstaunlich, dass er zu fundamentalen Erkenntnissen gelangte, die bis heute Gültigkeit besitzen. So ist Xenophons Reitlehre auch als Kritik an griechischer Reiterpraxis zu verstehen. Dass Xenophon iberische Reiter und Pferde nicht ausdrücklich erwähnt, lässt den Schluss zu, dass diese in die griechischen berittenen Truppen bereits weitgehend integriert waren und als vorbildlich angesehen wurden. Xenophons Richtlinien, die vornehmlich auf die Beherrschung des Pferdes im Reiterkampf zielen, vermitteln gleichwohl die zweckfreie Grundlage des Reitens, die Wesenheit und Mentalität des Pferdes einbezieht und deutlich auf Gymnastizierung und Kräftigung des Tragapparates, psychische Unversehrtheit und körperliche Gesunderhaltung Wert legt, mithin Forderungen, die moderner nicht sein könnten. Sachkunde und Bescheidenheit zeichnen das Werk Xenophons aus, der nicht sich selbst, sondern seine Erkenntnisse und Erfahrungen in den Vordergrund stellt, im Gegensatz zu späteren Reitlehren, die häufig der Selbstdarstellung des Autors dienen.
Auf der Seite der Xenophonakademie sind die Grundsätze von Xenophon wiedergegeben.
Ich finde auch heute noch eine sehr gute Grundlage, wie man mit Pferden umgehen und arbeiten sollte: Xenophons Ausbildungs-Grundsätze
1. Dein Pferd sei zuverlässiger Freund, nicht Sklave!
2. Widme seiner Ausbildung so viel Aufmerksamkeit, als ginge es um deinen eigenen Sohn. Achte darauf, dass Körper und Seele deines Pferdes sorgfältig geschult werden. Es soll sich durch Leistungsvermögen und Zuverlässigkeit auszeichnen. Seine charakterliche Prägung und Formung sei dir besonders wichtig! Präge es von seinen ersten Lebenstagen an so, dass es zu dir tiefes Vertrauen fasst, dich respektiert und dir gehorcht. Mache dein Pferd menschenfreundlich! Es soll dich geradezu lieben.
3. Bringe es zu Arbeitsfreude und freiwilligem Gehorsam!
4. Sei achtsam und nimm auf seine Bedürfnisse Rücksicht!
5. Setze alles daran, dich deinem Pferd verständlich mitzuteilen. Es soll deine „Sprache“ verstehen! Belohnung und Strafe sind die einzigen Erziehungsmittel. Aber Belohnung hat unbedingt Vorrang. Belohne jede besondere Leistung und jeden Lernfortschritt – am besten, indem du ihm eine Pause gönnst oder die Arbeit beendest.
6. Langweile dein Pferd nicht! Variiere die Arbeit, biete ihm unterschiedliche Anregungen. Reite es nicht nur in der Bahn, trainiere es im Gelände, beim Springen und auf der Jagd.
7. Arbeite an deiner eigenen körperlichen und charakterlichen Schulung! Bemühe dich um einen korrekten, von der Bewegung des Pferdes unabhängigen Sitz, der dir bei jeder Übung, jedem Tempo und in jedem Gelände ein kontrolliertes Einwirken auf das Pferd ermöglicht Deine Hand darf unter keinen Umständen das Pferd im Maul stören. Erziehe dich dazu, in jedem Fall Ruhe zu bewahren und deine Emotionen zu kontrollieren. Gib Zornausbrüchen keinen Raum.
8. Mach dir klar, dass die Lektionen der höheren Dressur keine Kunststücke sind, die du deinem Pferd mit Hilfe unnatürlicher Zwangsmittel beibringen kannst. Sie sind Formen der imponierenden Selbstdarstellung des Pferdes, die es in besonderen Erregungszuständen vor seinen Artgenossen von sich aus zeigt.
9. Dein Pferd soll Freude bei seiner Arbeit empfinden und in seinen Bewegungen und seiner Haltung Begeisterung zum Ausdruck bringen.
10. Versuche nicht, dein Pferd durch stark rückwärts wirkende Zügeltätigkeit oder andere Zwangsmittel zu versammeln und aufzurichten. Reite bestimmt vorwärts bei leicht anstehendem, im entscheidenden Moment nachgebendem oder hingegebenem Zügel.
(Die Grundsätze entstammen dem im WuWei Verlag erschienen Buch “Xenophons Reitkunst” von Dr. Klaus Widdra)
Neben diesen Grundsätzen hinterlässt Xenophon aber auch wissenswertes zum Erwerb bzw. Auswahl von jungen Pferden. Schon zu seiner Zeit galt der Klassiker „Ohne Huf kein Pferd“. Die Hufe eines Pferde sollten aus festem Horn sein und einen Strahl besitzen, der nicht den Boden berührt. Zum besseren Verständnis für seine Leser zieht er zum Verlgleich das Bildnis eines Hauses heran. Ein Haus dessen Fundament nicht in Ordnung ist würde ebenso nichts taugen, wie ein Pferd mit schlechten Hufen. Besondere Aufmerksamkeit widmet er den Röhrbeinen des jungen Pferdes, um seine spätere Größe abzuschätzen. Vergleicht man Xenophons Hinweise mit den heute üblichen Selektionskriterien für Sportpferde, so fällt auf dass es hier immer noch sehr viele gültige Grundsätze gibt. Doch wenden wir uns nun der Antike wieder ab und richten unser Augenmerk auf die Gegenwart. Gewaltfreie und pferdefreundliche Ausbildung waren schon in Zeiten vor Christus ein Thema. Mal ehrlich wie kann es da sein, dass wir heute über Ausbildungsmethoden wie „Rollkur“ noch diskutieren müssen?
[Quellen: Xenophonakademie, Wikipedia, Pferdezeitung.de, Dressageworld.com] Die Grundsätze entstammen dem im WuWei Verlag erschienen Buch “Xenophons Reitkunst” von Dr. Klaus Widdra