Das Gleichgewicht ist essentiell für die Reiterei. Denn wenn ein Pferd inklusive Reiter nicht im Gleichgewicht ist, dann ist es nicht nur so, dass Lektionen eventuell nicht gut gelingen, bzw. unmöglich werden, sondern aus physiotherapeutischer Sicht heißt Ungleichgewicht auch immer, dass einige Muskeln mehr arbeiten müssen, als andere die eventuell eigentlich ebenfalls arbeiten müssten, bzw. kommt es schnell auch zu Überbelastungen und Verspannungen.
Das Pferd ist von Natur nämlich äußerst „Vorhandlastig“
Das Pferd ist von Natur nämlich äußerst „Vorhandlastig“ – 2/3 des Gesamtgewichtes liegen auf der Vorhand. Alleine Kopf und Hals machen bereits 1/3 des Gewichtes aus. Denn so ein Pferdekopf alleine bringt bereits ca. 30kg Gewicht mit sich Als Reiter müssen wir uns diese Gewichtsverteilung unbedingt deutlich machen – denn sobald wir uns auf das Pferd setzen, in Bewegung setzen und darüber hinaus auch noch eventuell die Kopf-Halsposition nach oben oder unten verändern, verändert sich auch die Gewichtsverteilung beim Pferd.

Durch das Reitergewicht wird die Vorhand vermehrt belastet.
Durch eine tiefere Kopf-Halsposition erhöht sich die Belastung der Vorhand. Eine hohe Kopf-Halsposition hingegen entlastet die Vorhand sogar gegenüber der normalen Kopf-Halsposition. Eine Veränderung der Kopf-Halsposition nach unten vorne – ohne Reiter und erst Recht mit Reiter sollte daher unbedingt gut überlegt sein. Vor allem in der Bewegung sind jegliche nicht versammelte Gangarten mit gesenkter Kopfhalsachse – vor allem Vorwärts-Abwärts Traben in höherem Tempo und nicht versammelter Galopp belastender und schlimmstenfalls führen sie zu Langzeitschäden wie Hufrollenentzündungen oder Fesselträgerschäden.
Die Halswirbelsäule ist der beweglichste Teil des Pferdes.
Werfen wir daher einen Blick auf die Halswirbelsäule des Pferdes Die Halswirbelsäule ist der beweglichste Teil des Pferdes. Das Pferd hat wie jedes andere Säugetier 7 Halswirbel. Der lange Hebel dient dem Pferd dazu sich ideal auszubalancieren. Sie dient dem Pferd als Balancierstange. Allerdings liegt hier auch die Krux im Detail. Als Reiter wollen wir zwar die Bewegung kontrollieren. Zur Richtungsänderung ist es natürlich am einfachsten einfach links oder rechts am Zügel zu ziehen. Nur wenn wir das Pferd allerdings möglichst mit autonom frei beweglicher Halswirbelsäule reiten, kann das Pferd die Balancierstange gezielt nutzen.
Das Ziel jeglicher Reiterei sollte daher die Selbsthaltung sein.
Das Ziel jeglicher Reiterei sollte daher die Selbsthaltung sein. Falsch verstandene Anlehnung, harte Reiterhände oder gar Ausbinder beeinträchtigen die freie Nutzung der Balancierstange und damit die Balance und das Gleichgewicht des Pferdes. Es kommt zwangsläufig zu Kraftopositionen – diese führen zu Muskelverspannungen und zerstören natürlich auch jegliches Gleichgewicht. Ein gutes probates Mittel gegen schlechte Balance ist allerdings leider das Tempo – wer es sich einfach machen möchte – der legt einfach mal zu – denn in der Geschwindigkeit wird die Balance wieder besser – leider führt dieser Weg NICHT zu natürlich losgelassenem Pferd im Gleichgewicht.
Leider hat sich die Bewegung der „günstigen“ Reitschulen dieses Prinzip zu nutze gemacht, denn es ist durchaus möglich unausgebildete Reiter auf schlecht balancierten ausgebundenen Pferden innerhalb kürzester Zeit leichttrabend 45 Minuten durch die Bahn zu jagen… Aus dieser Ausbildungsfalle kommen dazu die meisten Reiter und auch Trainer nicht raus und haben dieses Prinzip mit in ihren Trainingsalltag übernommen. In der sogenannten Lösungsphase wird das Pferd im Leichttrab ca. 20 Minuten mit mindestens horizontaler Kopf-Hals-Achse oft sogar in Beizäumung durch die Bahn gejagt. Losgelassenheit wird so nicht erreicht.