Der Trapezmuskel beim Pferd (Musculus trapezius) gehört zu den wichtigsten Muskeln im Schulterbereich. Er beeinflusst nicht nur die Bewegung des Vorderbeins, sondern auch die Aufhängung der Schulter. Viele Pferdebesitzer bemerken erst bei Problemen mit Sattel oder Beweglichkeit, wie entscheidend dieser Muskel für Gesundheit, Losgelassenheit und Leistung ist. In diesem Artikel erfährst du, warum der Trapezmuskel so wichtig ist, wie er funktioniert, welche typischen Probleme auftreten – und wie du dein Pferd gezielt unterstützen kannst.
Am Ende findest du außerdem ein kostenloses Muskel-Workbook, mit dem du das Thema vertiefen kannst.

Anatomie und Funktion des Trapezmuskels
Der Trapezmuskel ist ein breiter, flacher bzw. sehr dünner Muskel, der direkt unter der Haut liegt und zur oberflächlichen Schultergürtelmuskulatur gehört.
Der Trapezmuskel ist für die Bewegung des Schulterblatts nach vorne und nach hinten verantwortlich. Des Weiteren dient der Trapezius zur Aufhängung der Schulter. Er gehört daher auch zu der Gruppe der Gliedmaßenträger.
In der Bewegung ist der Trapezmuskel für das Vor- und Zurückführen des Vorderbeins mit verantwortlich. Durch die relative Breite des Muskels, die sich sowohl von der Schulter in Richtung 2ter Halswirbel, als auch in Richtung des Rückens bis zum 10ten Brustwirbel erstreckt, unterteilt man den Trapezmuskel auch in einen vorderen und einen hinteren Teil.
- Lage: Vom 2. Halswirbel bis zum 10. Brustwirbel, seitlich zum Schulterblatt.
- Aufgabe:
- Aufhängung der Schulter (Gliedmaßenträger)
- Vorführen und Abspreizen der Vordergliedmaße
- Unterstützung der Halsbewegung
- Fixierung des Schulterblatts von außen
Da Pferde kein Schlüsselbein besitzen, wird die Schulter ausschließlich von Muskeln, Sehnen und Bändern getragen. Der Trapezmuskel spielt hierbei eine zentrale Rolle für die Bewegung des Schulterblatts und ist damit mitverantwortlich für flüssiges taktreines Laufen des Pferdes.
Häufige Probleme am Trapezmuskel beim Pferd
Der Trapezmuskel beim Pferd ist ein vergleichsweise dünner Muskel und dadurch besonders empfindlich gegenüber Belastungen. Probleme in diesem Bereich treten häufig auf und können die Beweglichkeit, Losgelassenheit und das Wohlbefinden deines Pferdes stark beeinträchtigen.
Unpassende Sättel und ihre Folgen
Etwa 90 % aller Sättel passen nicht optimal – weder zum Reiter noch zum Pferd. Besonders der empfindliche Schulterbereich ist betroffen, wenn der Sattel Druckstellen erzeugt. Ein überlasteter Trapezmuskel reagiert darauf oft mit Atrophie (Muskelschwund). Sichtbar wird das unter anderem durch Kuhlen oder Vertiefungen am Übergang von Hals zu Schulter. Zusätzlich kann die Bewegungsfreude deines Pferdes nachlassen, da die Vorhand nicht mehr frei schwingen kann.
Ferner müssen Muskeln Arbeit von Faszien übernehmen – das ist für die Effizienz des Pferdes fatal.
Je stärker in einer Bewegung die Faszien eingesetzt werden, desto weniger Energie wird verbraucht, und desto höher ist die muskuläre Ausdauer.
Die meisten dynamischen Bewegungen beziehen ihre Kraft vor allem aus den Faszien und nicht nur aus den Muskeln.
“Der größte Teil der Längenänderung, die für die Arbeit der Fortbewegung erforderlich ist, findet nicht in den Muskelfasern selbst statt, sondern durch den elastischen Rückstoß der zugehörigen Sehnen und Muskel-Aponeurosen.
R. C. Payne, P. Veenman und A. M. Wilson. J. Anat. (2005)
Schonhaltungen und fehlender Muskelaufbau
Eine Atrophie* des Trapezmuskels beim Pferd kann übrigens auch bei Tieren auftreten, die noch nie einen Sattel getragen haben. Der Grund liegt in ungünstigen Bewegungsmustern und Haltungsmustern bzw. Schonhaltungen. Um geschwächte Muskel zu entlasten, übernehmen andere Muskelgruppen seine Aufgaben – was schnell zu Verspannungen, Verhärtungen oder sogar Entzündungen führt. Diese Kompensation ist für das Pferd besonders belastend, da die Ersatzmuskeln biomechanisch gar nicht für diese Arbeit ausgelegt sind. Er ist eher nivellierend (geringfügig anpassend / ausgleichend) für die Schulterbewegung und Fixierung verantwortlich.
*Die Atrophie oder Atrophia beschreibt als Verkümmerung eine Verkleinerung eines Gewebes
Die Unterschätzte Vorhand – und der Einfluss des Trapezmuskels
Übrigens werden ca. 60% des Bewegungsumsatzes (Vortrieb) nicht durch die Hinterhand umgesetzt, sondern durch einen effizienten Vorhandprozess. Viele Pferde stehen aber leider mit der Vorhand rückständig und es kommt zu myofaszialen Dysfunktionen.
Die myofasziale Dysfunktion bezeichnet eine Störung der myofaszialen Funktionseinheit, welche mit Schmerzen und/oder Bewegungskontrolldysfunktionen verbunden ist. Steht der Schmerz im Vordergrund der Symptomatik wird häufig die Bezeichnung Myofasziales Schmerzsyndrom verwendet.
Beim Fluchttier Pferd wird das Haltungs- und Bewegungsmuster schnellstmöglich und nachhaltig auf Schmerzvermeidung angepasst.
Therapeuten sprechen auch von „Die Lahmheit ist der Feind der Lahmheit“ – Das Problem: obwohl Schmerzen nicht mehr vorhanden oder stillgelegt sind – behält das Pferd das Schmerzvermeidungsmuster bei, da die Bewegungsintelligenz in den Faszien gespeichert ist UND weil der Körper sich bereits umgebaut (Optimiert) hat.
Diese Pferde haben somit eine Beeinträchtigung des Vorhandprozesses – fallen vermehrt auf die Vorhand, Der Trapezmuskel muss vermehrt arbeiten und “halten” oder ist bereits verspannt und “hält” wenn er eigentlich loslassen soll.
Ein nicht funktional arbeitender M. Trapezius / Trapezmuskel beeinträchtigt auch die Arbeit der wichtigen “Rumpfheber” – ein Teufelskreis kann sich hier ergeben.
Fehltraining und falsche Empfehlungen
Häufig wird geraten, den Trapezmuskel über Cavaletti- oder Stangenarbeit zu stärken. Doch ohne die eigentliche Ursache der Schwäche zu beheben, kann diese Trainingsform kontraproduktiv wirken. Statt Muskelaufbau zu fördern, kommt es in vielen Fällen zu zusätzlichen Verspannungen. Das Problem verschärft sich, und die Beweglichkeit des Pferdes leidet weiter. Der Grund liegt häufig darin dass die eigentlichen Schmerzreize zunächst nicht beseitigt wurden und oder anschliessend das Pferd nicht zunächst in “gesunde” Bewegungsmuster gebracht wurde. Soll ein ungeübtes Pferd mit Schmerzreizen über Cavalettis gehen wird es zu plötzlichen Ruckartigen und unkontrollierten Bewegungen kommen die nicht einem natürlichen und gesunden Bewegungsmuster gehören. Diese können zu weiteren Schonhaltungen, plötzlichen Schmerzreizen etc. führen.
Ohne Bewegung ist die Behandlung der Faszienstrukturen meist nur Toröffner für gesunde Bewegung
Sinnvoller ist hier eine Ganganalyse, Palpation des gesamten Körpers des Pferdes mit anschliessender Behandlung möglicher Triggerpunkte und Ausarbeitung eines Bewegungsplans.
Oft hilft zunächst klassische Handarbeit mehr als Reiten, da die Pferde ohne Sattel und Reitergewicht erst einmal “allein” in gesündere Bewegungsmuster kommen müssen.
Jedes Pferd muss zunächst einmal das eigene individuelle Schritttempo finden und die richtige Höhe der Kopf-Halsachse. Dieses “optimierte” Schrittempo ist die Basis aus der die weitere Arbeit entstehen wird. Es ist ein Bewegungsmuster welches das Pferd selbst finden muss – am Anfang aber nicht von alleine einnehmen wird. Nach wenigen Trainingseinheiten wird das Pferd diese Haltung aber immer mehr selbst suchen und finden.
Vor allem Seitengänge an der Hand im Schritt öffnen das Tor für gesunde
Bewegungsmuster und korrektes Arbeiten und Aufmuskeln des Trapezmuskels, sowie umliegender Muskulatur.
Symptome und Auswirkungen
Ein schwacher oder verspannter Trapezmuskel kann sich so bemerkbar machen:
- Eingeschränkte Beweglichkeit des Vorderbeins
- Probleme in Seitengängen
- Muskelatrophien /-“kuhlen” im Bereich der Schulter
- Verspannungen und harte Muskulatur an kompensierenden Stellen
- Leistungsabfall und Widerstand beim Training
- Festmachen
- Lahmheiten und Taktunreinheiten
- Stolpern
Training und Prävention
Der Schlüssel liegt darin, die Ursachen zu verstehen und gezielt am Muskel- und Faszienapparat zu arbeiten. Massagen und Stresspunktmassagen sind ideal dazu geeignet als Pferdebesitzer selbst “Hand” anzulegen und dem Pferd Verspannungen zu nehmen. Therapeuten können zum Beispiel mit Superficial Dry Needling und Laserakupunktur weiterhelfen.
- Anatomisches Wissen: Nur wer die Struktur des Pferdes kennt, kann Training richtig steuern. Hier hilft unser Anatomie und Biomechanik-Kurs enorm weiter
- Pferdephysiotherapie
- Massagen
- DryNeedling
- Physiotapes und Crosstaping
- Laserakupunktur
- Faszientraining: Sanfte, gezielte Übungen helfen, Blockaden zu lösen und Elastizität zurückzugewinnen.
- Ausrüstung prüfen: Sattel, Steigbügelaufhängung und Länge regelmäßig kontrollieren.
- Schonhaltungen auflösen: Statt nur Bewegung über Stangen → ganzheitliche Arbeit mit Faszien und Muskelketten.
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Fazit
Der Trapezmuskel beim Pferd ist klein, aber entscheidend. Er stabilisiert die Schulter, ermöglicht freie Bewegungen und ist oft einer der ersten Muskeln, die unter falschem Training oder unpassender Ausrüstung leiden. Wer seinen Trapezmuskel kennt, versteht sein Pferd besser – und kann rechtzeitig gegensteuern.
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