ECVM – Was ist das und welche Probleme haben die Pferde?

In letzter Zeit hat eine Begrifflichkeit Reiter, Pferdebesitzer und Züchter aufhorchen lassen. Es geht um das Thema ECVM. Dabei handelt es sich geht es grob umschrieben um Erkrankungen der unteren Halswirbelsäule des Pferdes. Die Auswirkungen reichen allerdings weit über den Hals hinaus, was diese Erkrankung von Natur aus äußerst komplex macht.

Die Abkürzung ECVM steht für Equine Complex Vertebral Malformation. Man spricht auch von einer “Malformation” der Wirbel des 6. (C6) und 7. (C7) Halswirbels. Darunter versteht man angeborene Fehlbildungen bzw. Missbildung der unteren Halswirbelsäule des Pferdes (der letzten beiden Halswirbel sowie der ersten und zweiten Rippen), die unterschiedlich schwerwiegend ausfallen kann.

Für viele Reiter und Züchter ist das Thema ECVM komplett neu und erfordert eine erst noch eine gründliche Auseinandersetzung mit den Problemen und Symptomen die mit ECVM einhergehen als auch den Ursachen dahinter.

Im folgenden Abschnitt möchte ich Euch ein wenig mitnehmen auf die Reise durch die Anatomie und Biomechanik der Halswirbelsäule des Pferdes und welche Auswirkungen wir bei ECVM Pferden vorfinden können und welche Probleme Pferde mit ECVM haben. Außerdem will ich ein wenig auf die möglichen Behandlungen und Trainingsempfehlungen von Pferden mit Diagnose ECVM eingehen.

Bei der ECVM handelt es sich allerdings nicht um eine neue Erkrankung, die nun plötzlich oder erstmals beim modernen Reit- und Sportpferd auftritt. Vielmehr wurden solch strukturelle Veränderungen der unteren Halswirbelsäule des Pferdes bereits vor vielen Jahrzehnten beschrieben und sind durch in Museen ausgestellte Pferdeskelette und Fallberichte zu Sektionsbefunden belegt. 

Wirklich bekannt wurde das Thema ECVM allerdings im Jahre 2014 durch eine Veröffentlichung von Sharon May-Davis. Sie konnte als Erste belegen, dass es Pferde gibt, bei denen der sechste Halswirbel im unteren Bereich nicht vollständig ausgebildet ist. Im Vorfeld der Veröffentlichung sezierte Sharon May-Davis insgesamt 123 Pferde, von denen 50 Vollblüter waren. Bei insgesamt 23 Tieren wurden auffällige Wirbel vorgefunden. Der Anteil der betroffenen Vollblüter lag bei 38%.

Link zur Studie: https://www.ecvmallbreeds.com/_files/ugd/c73cb2_3c84a271445e4e57b16fa1295beeb39b.pdf

Im Jahr 2022 haben australische Wissenschaftler eine Reviewstudie (Überprüfungsstudie) durchgeführt, um die aktuellen Erkenntnisse über Erkrankungen der Halswirbelsäule zu analysieren. Die Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten mit einer Erkrankung der Halswirbelsäule (ECVM) klinisch signifikante Symptome wie Ataxie, Halsschmerzen/-steifheit, Stolpern oder Vorhandlahmheiten auftreten können. Diese Symptome können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen und sollten daher ernst genommen werden. Die Forscher empfehlen, dass weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um das Verständnis dieser Erkrankung zu verbessern und bessere Behandlungsmöglichkeiten zu finden.

Zwar sind die Ursachen der ECVM Fehlbildungen noch nicht vollständig erforscht, doch es gibt Hinweise auf genetische Faktoren. ECVM ist eine genetische Anomalie, die bereits bei der Geburt vorhanden ist.

Die genetische / erbliche Komponente bedeutet, dass ein Merkmal von Generation zu Generation weitergegeben werden kann, unabhängig davon, ob eine Generation übersprungen wird oder nicht.

Forschunngen zu dem Gebiet der Zucht sind in Vorbereitung.

Die Anzeichen für ECVM können sehr unterschiedlich sein und reichen von kaum wahrnehmbaren Veränderungen bis hin zu schwerwiegenden Symptomen. Typische Anzeichen sind jedoch eine asymmetrische Entwicklung der Muskeln und eine eingeschränkte Beweglichkeit. Es ist wichtig, frühzeitig auf mögliche ECVM Symptome zu achten und bei Verdacht einen Tierarzt aufzusuchen. Durch eine gezielte Behandlung und ein angepasstes Training kann die Lebensqualität der betroffenen Pferde verbessert werden.

Die Anatomie der Halswirbelsäule und die Auswirkung von ECVM auf die Wirbel und umliegende Strukturen

Das Pferd hat wie fast jedes Säugetier 7 Halswirbel.

Das Pferd verfügt über eine äußerst flexible Halswirbelsäule, die ihm in jeder Bewegung Stabilität und Dynamik verleiht. Der Hals ist ferner auch der beweglichste Teil der Wirbelsäule des Pferdes.

Diese Eigenschaft ermöglicht es dem Pferd, die Umgebung aufmerksam wahrzunehmen und auch in schwierigen Geländen sicher zu navigieren. Aus diesem Grund wird der Hals des Pferdes oft als Balancierstange bezeichnet.

Im Gegensatz zu anderen Säugetieren besitzt das Pferd besonders lange Halswirbel, die dem Pferd die außergewöhnliche Beweglichkeit des Kopfes ermöglichen. Zwischen diesen Wirbeln befinden sich Bandscheiben, die als Stoßdämpfer dienen, sowie kleine Wirbelgelenke, die Facettengelenke genannt werden. 

Nackenstrang und Nackenband des Pferdes

Am Hals verbindet die fächerartige Nackenplatte den Nackenstrang mit der Halswirbelsäule. Das sind Unterstützungsbänder, die zu den einzelnen Wirbeln abgehen. Nackenstrang, Nackenplatte und die an den Wirbeln ansetzende Muskulatur sorgt für die notwendige Stabilisation, ferner dient das Nackenrückenband dem Pferd vor allem dabei Energie und Muskelkraft zu sparen.

Es ermöglicht dem Pferd zum Beispiel das Tragen des Kopfes in waagerechter Position ohne dabei viel Muskelkraft aufzuwenden. Kopf und Hals des Pferdes nehmen nämlich bereits etwa ein Drittel des Körpergewichtes ein und sind damit verhältnismäßig schwer.

Die Nackenplatte, mit ihrer “Anbringung” an insgesamt den Halswirbeln, ermöglicht die kraftsparende Aufhängung des Kopfes und der Halswirbelsäule. 

So ein Pferdekopf wiegt schnell mal ca. 30kg und dazu kommt das Gewicht der Halswirbelsäule mit dem dazugehörigen nicht zu verachtenden Gewicht der Muskeln. 

Die gesamte Konstruktion erinnert auch an einen Lastenkran. 

Übrigens unterstützt die elastische Energie die in der Nackenplatte gespeichert ist, 55% der Bewegung des Kopfes im Schritt, 33% im Trab und 31% im Galopp.

Das bedeutet auch – stört die Reiterhand durch Festhalten oder gar „Festsetzen“ dieser Bewegungsfreiheit den Kopf und Hals des Pferdes – dann müssen die Muskeln die Arbeit „gegen“ die Hand übernehmen.

Wir alle kennen auch den Ausspruch „Druck erzeugt Gegendruck“ – dieser hat auch für die Kopf-Hals-Achse Anspruch auf Richtigkeit.

In vielen Publikationen und Fachbüchern finden wir auf Zeichnungen die Befestigung der Nackenplatte auch am 6. und 7. Halswirbel.Allerdings trifft diese Darstellung der Nackenplatte nicht zu.

Der zusätzlich am sechsten und siebten Halswirbel eingezeichnete Unterstützungsast (rot dargestellt) fehlt fast allen Pferderassen und ist am fünften meist nur teilweise vorhanden, sodass die untere Halswirbelsäule von oben nicht getragen wird, sondern nur durch die Muskulatur

Wie wir bereits festgehalten haben ist der Hals der beweglichsten Teil des Pferdeskeletts die “Balancierstange” des Pferdes. Wenn diese Balancierstange Hals allerdings ungleichmäßig geformt ist oder sogar ganze Teile fehlen, kann sie natürlich nicht korrekt funktionieren bzw. vom Pferd stabilisierend eingesetzt werden.

Bei Pferden mit ECVM kommt es allerdings zu Fehlbildungen einiger Wirbel, vornehmlich am 6ten Halswirbels dem sogenannten C6.

Bei ECVM Pferden ist am 6. Halswirbel oft die „Lamina ventralis“ betroffen. Ein Teil dieser knöchernen Strukturen ist ein- oder beidseitig missgebildet, fehlt teilweise oder bei manchen Pferden sogar komplett.

Die ECVM tritt in verschiedenen Varianten auf:

– Einseitige Fehlbildung des 6. Halswirbels (C6)

– Unilaterale Fehlbildung von 6. und 7. Halswirbels (C6 und C7)

– Bilaterale Fehlbildung des 6. Halswirbels (C6)

– Bilaterale Fehlbildung von 6. und 7. Halswirbels (C6 und C7)

Der Halswirbel C6 ist einerseits zentral für die Biegung des Halses im Zusammenwirken mit den beiden benachbarten Wirbeln, andererseits der Stabilisator der Balancierstange. An ihm setzen der lange Halsmuskel (m. longus colli) und der M. serratus ventralis an.

Der Serratus Muskel auch gesägte Muskel gehört zu den “Rumpf- und Widerristhebern” und deckt einen großen Bereich ab. Ohne diesen Muskel bzw. ohne diesen korrekt einsetzen zu können kann ein Pferd einen Reiter nicht tragen, da es seinen Widerrist und damit die Brustwirbelsäule sowie letztendlich den gesamten Rumpf nicht anheben könnte. Der Serratus Muskel ist auch für das Anheben der Halswirbelsäule verantwortlich, da er auch an die Wirbel C3-C7 ansetzt.

Neben den Auffälligkeiten am 6. Halswirbel kommt es auch zu interessanten Fehlbildungen am letzten, dem siebten Halswirbel C7. In einigen Fällen findet man die eigentlich zum 6.ten Halswirbel gehörenden Struktur an eben diesem dem 7. Halswirbel. Die Strukturen wurden bereits von Natur aus bei diesen Pferden quasi an den letzten Halswirbel “übertragen”. Das heißt, der Ansatzpunkt des Muskels, der normalerweise an C6 liegt, befindet sich nun an C7. Diese Übertragung nennt man Transposition.

Solche Transpositionen verändern die Anatomie und Biomechanik des unteren Halses selbstverständlich erheblich. Die auf die Wirbel einwirkenden Kräfte verändern sich und die Stabilisierung/Koordination im unteren Halsbereich wird erheblich beeinträchtigt. Die Folgen können erheblich sein. Man denke an Wirbelinstabilität, Gelenkdegeneration, asymmetrische Kräfte und veränderte Bewegungsmuster.

Der M. Longus Colli spielt auch eine wichtige Rolle bei der Information des Gehirns über Muskeltonus, Länge und Gesundheit. Bei abnormaler Muskelspannung ist diese Informationsübertragung gestört. Infolgedessen nimmt das Pferd Anpassungen vor und kompensiert sie in anderen Muskeln. Dies kann zu einer Kettenreaktion von Anpassungen und Problemen führen.

Bei einigen Pferden mit ECVM kommt es auch vor, dass die Facettengelenke unterschiedlich groß sind. Ferner kommt es zu Stufenbildungen zwischen den Gelenken.

Die Probleme die aus den Fehlbildungen entstehen sind nachvollziehbar.

Bei einer Fehlbildung der letzten Halswirbel und einem daraus resultierend fehlerhaften Muskelansatz kommt es zu eingeschränkter Stabilität der Halswirbelsäule und auch zu verminderter Tragkraft. Der Pferdekörper MUSS Kompensationsmuskulatur aufbauen.

Ferner kann das Nackenband nicht für die eigentlich erforderliche Stabilität sorgen, da es nur mit dem 1. bis 5. Halswirbel verbunden ist. 

Neben den beschriebenen Anomalien der Halswirbel weisen einige ECVM Pferde sogar fehlende oder verformte erste Rippen auf. Dies ist besonders dramatisch, da die ersten 4 Rippen sogenannte „Tragerippen“ sind. Die Rippen sind besonders stabil und formen den Eingang zum Brustkorb. Sie sind essenziell wichtig für die Stabilität und Positionierung des Brustkorbs.

Oft ist bei diesen Pferden das erste Rippenpaar nur rudimentär angelegt oder fehlt ganz, wodurch wichtige Nerven der Vordergliedmaßen weniger gut geschützt sind, was zu Nervenkompression und damit zu Missempfindungen oder Schmerzen führen kann.

Diese Abweichungen haben wiederum Folgen für Muskelgruppen an Hals und Vorhand, die nicht vollständig, gar nicht oder an ungewöhnlicher Stelle ansetzen. Als Beispiel kann man hier den Musculus longus thoracis nennen. Wenn dieser an C7 ansetzt, dann bedeutet das, dass dessen Ansatzpunkt um etwa zwanzig Zentimeter verschoben ist. Die Transposition der eigentlich an C6 gehörenden Strukturen an C7 weisen zudem ein kleineres Areal als Ansatzfläche für den großen Muskel auf. Bei einem großen Warmblutpferd mit viel Schwung kann der Musculus longus thoracis den Hals-Brust-Übergang daher auch nicht ausreichend stabilisieren.

Die vergrößerten Facettengelenke als auch die Stufenbildungen zwischen den Gelenken können zu Entzündungen der Facettengelenke führen. Des Weiteren kann es auch zu Nervenreizungen kommen welche verantwortlich sind für typische Symptome wie etwa häufiges Stolpern oder Vorhandlahmheiten. Bei einigen Pferden kommt es zu Einengung des Wirbelkanals vor allem an C6 wo häufig das Eintrittsloch fürs Rückenmark zu eng ist. Einhergehend kommt es zu einer Quetschung des Rückenmarks, was sich wiederum negativ auf die Nervenbahnen auswirkt und in Koordinationsschwierigkeit und Ataxie resultiert.

Durch die Zwischenwirbellöcher (Foramina intervertebralia) treten die Spinalnerven aus dem Rückenmark aus. Kommt es an den Wirbeln oder den Rippen zu anatomischen Abweichungen, werden die Nervenbahnen in ihrem Verlauf mitunter gestört. Weil die Wirbelsäule durch die veränderte Muskulatur zudem nicht ausreichend stabilisiert ist, kann es zu Wirbelgleiten kommen.

ECVM und einhergehende Probleme an Kiefer und Zähnen

Wie beim Menschen hat auch beim Pferd die Stellung und Funktion des Kiefers als auch die korrekte Funktion der Zähne eine enorme Auswirkung auf die Balance.

Die durch ECVM verursachten Anomalien im Körper führen teils zu enormen Balanceproblemen bei den betroffenen Pferden. Die Folge sind daher auch Fehlstellung und Fehlfunktionen im Kieferbereich und an den Kauflächen. Eine optimales Aufeinandertreffen der Zähne (Okklusion) ist allerdings eine Vorraussetzung für die Stabilität der Halswirbelsäule.

Die Dysbalancen im Körper haben daher enormen Einfluss auf Kiefer und Zähne – die gilt auch umgekehrt. Neben dem Einfluss auf die physische Balance hat eine schlechte Funktion des Kiefers natürlich auch Einfluss auf die psychische Balance. Das Pferd als Fluchttier reagiert durch das schlechte Gleichgewicht schneller mit Nervosität oder Fluchtreflex.

Durch eine gezielte Zahnbehandlung und Korrektur der Kauflächen kann die Halswirbelsäule daher entlastet werden. Eine gute und regelmäßige Zahnkorrektur hat daher auch einen positiven Effekt für Balance und Psyche der ECVM Pferde.

Welche Probleme haben Pferde mit Equine Complex Vertebral Malformation?

Pferde mit ECVM zeigen eine Vielzahl von Symptomen, was die Erkrankung äußerst komplex macht, da jedes Pferd eine andere Kombination von Problemen haben kann. Als Besitzer ist es daher sehr wichtig, ein kritisches Auge auf Ihr Pferd zu haben.

Für jedes Tier ist es wichtig, dass es sich in seinem eigenen Körper sicher und wohl fühlt. ECVM verursacht eine Asymmetrie in der gesamten Wirbelsäule, die das notwendige Ungleichgewicht verursacht. Die Symptome äußern sich – je nach Pferd – auf unterschiedliche Weise. Dies ist auf die vielen Variationen und die Beteiligung anderer Strukturen zurückzuführen.

Bei mit ECVM einhergehende Anomalien der Hals- und Brustwirbel als zum Teil auch der ersten Rippen kommt es häufig zu Rittigkeitsproblemen. Die betroffenen Pferde stützen sich zum Beispiel vermehrt auf die Reiterhand und zeigen Probleme bei der Stellung und Biegung. Das Gangbild ist deutlich unkoordinierter und die Pferde bewegen sich unsicher. Häufig haben diese Tiere deutliche Gleichgewichtsprobleme und stolpern oder stürzen plötzlich ohne Vorankündigung.

Pferde mit ECVM fangen relativ plötzlich an, sich gegen die Hilfen und Anweisungen der Reiter zu wehren. Diese Abwehrreaktionen können teils heftig bis hin zu Bocken und Steigen ausfallen.

ECVM-Pferde werden oft als vorhersehbar unberechenbar beschrieben. Verhaltensanomalien können mit Schmerzen, allgemeinem Unbehagen und/oder Nervenkompression zusammenhängen. Die Bandbreite der Verhaltensanzeichen kann bei den einzelnen Tieren variieren. Es kann willkürlich sein oder sogar gefährliches Verhalten. Manche sind unberechenbar, andere sind stoisch. Manche sind unheimlich, manche unbeholfen, manche allgemein nervös. Das Verhalten ist nicht notwendigerweise die ganze Zeit vorhanden. Es kann sein, dass das Pferd 95 % der Zeit in Ordnung ist und nur plötzliche Verhaltensauffälligkeiten zeigt, die scheinbar ohne Grund auftreten.

Einigen von ECVM betroffenen Pferden kann man im Stand bereits ansehen, dass etwas nicht stimmt, denn sie sind auffällig schief. Oft stehen sie vorne ungleich, setzen einen Fuß weiter nach vorne oder stehen deutlich bodenweit.

Mögliche Probleme und Auffälligkeiten bei Pferde mit ECVM

  • Verlust der Koordination und / oder Propriozeptiondeutliche Schiefe bereits im Stand
  • Asymmetrie des Brustkorbs und der Wirbelsäule
  • Unterschiedlich geformte Hufe (durch die Schiefe und ungleichmäßige Belastung)
  • Verspannungen im Rücken
  • Empfindlichkeit bei der Palpation (Berührung zur Überprüfung von Verspannungen)
  • hoher Muskeltonus
  • Gurtzwang
  • Zahnprobleme
  • Störungen der Losgelassenheit
  • Hormonelle und innere Probleme
  • Abwehrreaktionen und Widersetzlichkeit gegen die Reiterhilfen
  • Unberechenbarkeit
  • Rascher Aufbau von unerklärlicher Spannung
  • Innerlich unsicher wirkend
  • Plötzliches aufgeregtes Verhalten
  • Weniger arbeitswillig
  • Unwillig oder Schwierigkeiten im Galopp
  • Allgemeiner Widerstand / Rebellisches Verhalten
  • Probleme den Brustkorb zu heben
  • Probleme mit der Lastaufnahme
  • Starkes „auf die Hand“ lehnen (Probleme mit der Anlehnung)
  • Headshaking (Schlagen / Schütteln des Kopfes)
  • Verlust der Koordination und / oder Propriozeption
  • Gleichgewichtsprobleme und Koordinationsschwierigkeiten
  • Taktfehler
  • Stolpern (“Einknicken” der Vorderhand)
  • Stürze
  • Ataktisches Gangbild
  • Wobbler-Syndrom
  • Wechselnde Lahmheiten
  • Fesselträgerschäden (Langzeitfolgen)
  • Facettengelenksarthrosen (Langzeitfolgen)

Wie kann ECVM bei Pferden diagnostiziert werden?

Wie bereits erwähnt fällt bei vielen ECVM betroffenen Pferden die vorliegenden Asymmetrien im Körper bereits im Stand auf (z.B. das ungleichmässige und bodenweite Stehen). Achtung dies kann ein Hinweis sein – nicht jede Asymmetrie ist ein Hinweis auf ECVM).

Das Pferd sollte dann unbedingt vorgeführt werden. Die Dysbalance des Körpers sollte entsprechende Auffälligkeit auch im Schritt und Trab aufzeigen. ECVM verursacht eine Asymmetrie in der gesamten Wirbelsäule, die entsprechendes Ungleichgewicht und damit Unregelmässigkeiten in den Bewegungen verursacht.

Pferde mit einseitiger ECVM können mit stockenden Bewegungen der Vordergliedmaßen laufen. Wenn auch die Rippen betroffen sind, kann es auch zu einer Abduktion der Vordergliedmaße kommen.

Darüber hinaus zeigen Pferde mit ECVM oft eine geringere Stabilität, schlechte Koordination und Propriozeption. Betroffene Pferde können häufig stolpern, und in einigen Fällen kann ein stringhaltiger oder ataktischer Gang auftreten.

ECVM-Pferde weisen häufig Ganganomalien auf, zu denen unerklärliche (intermittierende) Lahmheiten der vorderen Gliedmaßen und neurologische Anomalien gehören. Diese Anomalien können entweder schon in jungen Jahren vorhanden sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Die veränderten Nervenbahnen, die mit ECVM in Verbindung gebracht werden, könnten eine Rolle bei der Entwicklung von (intermittierender) Lahmheit bei betroffenen Pferden spielen.

Idealerweise sollte bei Verdacht auf ECVM daher auch eine neurologische Untersuchung gemacht werden. Verschiedene Tests können Auffschluss auf mögliche neurologische Probleme und Auswirkungen geben.

Ein solcher möglich Test ist der der Widerrist-Ziehtest, bei dem man beim stehenden Pferd den Widerrist abwechselnd auf die eine und dann auf die andere Seite “zieht”. Durch die Instabilität des Schultergürtels gelingt es den Pferden nur schlecht im Gleichgewicht zu bleiben, bzw. dem Zug Standzuhalten.

Ähnliches kann man durch seitliches Ziehen am Schweif testen – diese Tests werden sowohl im Stand als auch im Schritt gemacht. Ein Pferd ohne neurologische Probleme sollte schnell wieder ins Gleichgewicht / in die Balance kommen.

Enges Zirkeln an der Hand und abrupte Richtungswechsel

In der Regel genügt es anschließend, zur abschließenden Diagnose von ECVM es die Halswirbelsäule mittels Röntgenaufnahme zu untersuchen. Allerdings erfordert es ein geschultes Auge, um die auf dem Bild erkennbaren Fehlbildungen sicher zu identifizieren. Zudem gestaltet sich die Beurteilung der letzten Halswirbel und des Übergangs zur Brustwirbelsäule aufgrund der Verdeckung durch das Schulterblatt als erschwert. Um ECVM gezielt abbilden zu können, muss der Aufnahmewinkel so angepasst werden, dass die betroffenen Wirbel eindeutig erkennbar sind. Die Halswirbelsäule wird zuerst seitlich geröntgt, sodass der Bereich von C5 bis T3, also dem dritten Brustwirbel, zu sehen ist. Auf den herkömmlichen, seitlichen Röntgenaufnahmen ist das nur für geübte Tierärzte zu erkennen. Eine vollständige Röntgenaufnahme des hinteren Bereichs ist nicht immer realisierbar und gehört nicht zu den Standard-Aufnahmen einer Ankaufsuntersuchung.

Wie kann man Pferden mit ECVM helfen und welche Form von Training hilft

Beim Management und Training von ECVM-erkrankte Pferde ist es wichtig zu wissen, dass die Erkrankung “strukturell” bedingt ist, d. h. sie kann nicht überwunden, sondern nur gemanagt werden. Die Erkrankung wird bleiben, aber ein bewusstes Management kann dazu beitragen, mögliche Beschwerden des Pferdes zu verhindern oder zu minimieren.

Zunächst ist eine frühzeitige Erkennung von entscheidender Bedeutung, damit der Trainer/Besitzer des Pferdes weiß, was in ihm vorgeht, und das Management rechtzeitig anpassen kann.

Bei milden Symptomen sind die Chancen für ein erfolgreiches Management und eine gute Leistung höher als bei Pferden, die schwere klinische Symptome zeigen – zum Beispiel gefährliches explosives Verhalten. In letzterem Fall sind diese Pferde möglicherweise nicht sicher zu trainieren.

Zur Therapie eines ECVM Pferdes gilt es neben der umfangreichen Diagnostik vor allem zunächst in oberster Priorität die Schmerzen zu behandeln und die Halswirbelsäule zu stabilisieren.

Eine Schmerztherapie kann mittels Cortison durch den Tierarzt erfolgen. Cortisonspritzen sind ein schmerzlindernder Ansatz, um dem Pferd die Chance auf gezieltes Training zu geben.

Weitere Therapiemaßnahmen und der resultierende Trainingsplan müssen Balance und Stabilität des Halses als auch des gesamten Körpers fördern.

Eine Therapie sollte bei der Stabilisierung der durch ECVM beeinträchtigten, also weniger stabilen Halswirbelsäule ansetzen. Ferner muss der Schultergürtel “nutzbar” gemacht werden und effezientere Berwegungsmuster etabliert werden.

(siehe auch unser Webinar: Die Halswirbelsäule des Pferdes – Anatomie und Biomechanik)

Beim Training sollte es daher um Funktionalität gehen. Die Gesundheit des Pferdes steht im Vordergrund. Das Pferd muss etwas vom Training haben, etwas gewinnen, statt leiden oder kompensieren zu müssen.

Um sicherzustellen, dass das Pferd optimal versorgt wird, ist es von entscheidender Bedeutung, das Gesamt-Management auf seine individuellen Bedürfnisse abzustimmen und die Trainingserwartungen an seine Fähigkeiten anzupassen. Die Prognose für jedes Pferd ist unterschiedlich und erfordert oftmals eine tägliche Anpassung von Management und Training, um erfolgreich zu sein.

Physiotherapeutische Behandlungen sind unterstützend sehr gut allerdings muss man wissen welche Bereiche man behandeln darf und welche nicht. Verspannte Muskelketten zu lösen, kann an manchen Stellen der falsche Ansatz sein, denn Pferde mit ECVM benötigen aufgebaute kompensatorische Muskulatur zur Stabilisierung. Werden Pferde falsch behandelt kann sich deren Zustand nach einer Behandlung auch deutlich verschlechtern. Die Therapie eines ECVM Pferdes erfolgt daher in erster Linie über passives Training (Propriozeption) und in der Bewegung (vornehmlich an der Hand).

Die Basis aller Probleme liegt in Asymmetrie und Instabilität von Hals und Halsansatz.

Im Gesamtkonzept muss dem Stabilitätstraining besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden – nicht nur im Genick, sondern im gesamten Körper des Pferdes. Die Rumpfmuskulatur (Thoraxschlinge) ist extrem wichtig für die Stabilisierung des Pferdes und muss als solche gut gepflegt werden.

Gut gearbeitete Pferde mit entsprechend aufgebauter Muskulatur können je nach Grad der Veränderungen durch ECVM nach und nach ihre Halswirbelsäule stabilisieren.

Die korrekte und “helfende” Nutzung von Zügeln ist allerdings oberste Voraussetzung. Falsch verstandene Anlehnung, Zug am Zügel, der Einsatz von Hilfszügeln und andere negative Einflussnahme auf die Halswirbelsäule des Pferdes kann sich gegenteilig auswirken und Probleme und Symptome beschleunigen und vergrößern.

Bei ECVM-Pferden sollte auf die folgenden Punkte im Gesamtmanagement und Trainingsplan besonderen Wert gelegt werden:

  • Schmerzmanagement
  • Physiotherapie (Therapie und Körperarbeit)
  • Angepasste und individuelle Trainingspläne
    • Handarbeit (auch vor dem Reiten des Pferdes) Kein stumpfes “Zentrifugieren” an der Longe!
    • Stabilitäts-Training
    • Propriozeptionstraining
  • Gute Hufpflege mit kürzeren Intervallen
  • Regelmäßige zahnärztliche Behandlungen mit kürzeren Intervallen
  • Optimierung der Haltungsabedingungen
  • Anpassung der Fütterung

ECVM-Pferden geht es am besten, wenn sie sich so viel wie möglich frei bewegen können. Freie Bewegung ermöglicht ein dynamisches Gleichgewicht, das wiederum die allgemeine Gesundheit fördert. Langfristige Aufstallung und permanente Boxenhaltung ist dagegen belastender für den Körper. Eine Haltung in einem “stressigen” Offenstall bei dem die Zusammenstellung der Herde nicht optimal ist kann ebenfalls sehr nachteilig sein.

Zum Thema empfehlen wir Dir unseren Onlinekurs “Die Basis des Faszientrainings:

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Mehr Informationen zur Anatomie und Biomechanik des Pferdes gibt es in unserem Kurs:

Mehr zum Thema Training an der Hand in unserem Intensivkurs Handarbeit:

https://akademie.hofreitschule.de/courses/intensivkurs-handarbeit

Quellen: https://www.thirzahendriks.com/post/the-un-balanced-horse, https://www.ecvmallbreeds.com/ , https://www.st-georg.de/wissen/ecvm-beim-pferd-phantom-oder-grausame-wirklichkeit/ https://www.cavallo.de/medizin/ecvm-symptome-diagnose-behandlung/